Das Mainzer Bildungsministerium hat den Mitgliedern des Verbandsgemeinderats Kirchen und allen interessierten Familien ein schallende Ohrfeige verpasst:
Bildung
Das Mainzer Bildungsministerium hat den Mitgliedern des Verbandsgemeinderats Kirchen und allen interessierten Familien ein schallende Ohrfeige verpasst:
Wie gestern bekannt wurde, wird die Verbandsgemeinde bei den neuen Ganztagsschulen für das Schuljahr 2008/2009 leer ausgehen. Dabei hatte man vor Ort gehofft, dass das Ministerium sowohl für Niederschelderhütte als auch Niederfischbach eine entsprechende Option erteilt. Doch diese Namen sucht man in der Liste mit den 55 berücksichtigten Schulen vergebens. Beide Standorte waren Ende November vom Verbandsgemeinderat Kirchen gleichberechtigt in den Antrag „gepackt" worden.
Während in Kirchen gestern Ernüchterung und Zorn vorherrschten, waren die Verantwortlichen in Gebhardshain positiv überrascht, dürfen sie sich doch auf Ganztagsschule Nr. 2 freuen. Nach der Grundschule Elkenroth hat auch die Regionale Schule Gebhardshain den Zuschlag erhalten. Bürgermeister Konrad Schwan: „Wir haben alles dafür getan, es zu werden. Mittel wurden in den Haushalt eingestellt, damit wir das auch umsetzen können." Schulleiter Klaus Willwacher wertete die Entscheidung als „gutes Signal", auch vor dem Hintergrund der anstehenden Schulstrukturreform:
„Das ist eindeutig eine Stärkung des Schulstandorts." Willwacher berichtete von einem verstärkten Zuspruch aus dem Bereich Betzdorf/Wissen: „Dieser Trend wird sicherlich anhalten."
In Kirchen machte Verwaltungschef Wolfgang Müller keinen Hehl aus seiner Enttäuschung: „Wir sind sicherlich nicht glücklich darüber, dass die große Verbandsgemeinde Kirchen weiter ein weißer Fleck bleibt." Der Frust mag auch deshalb verständlich sein, weil sich die ADD in Person von Schulrätin Marie-Luise Hees-Groß sehr für die Region eingesetzt hatte, offenbar aber vom „eigenen" Ministerium überstimmt wurde.
Nach Müllers Informationen aus Mainz sei die Standortfrage mit ausschlaggebend gewesen, soll
heißen: Die periphere Lage habe eine Ganztagsschule in Niederschelderhütte und Niederfischbach verhindert. Außerdem seien wohl die Schülerzahlen gerade in Schelderhütte als nicht ausreichend erachtet worden. Auf die Frage der SZ, ob dies in der Konsequenz bedeute, dass in der Verbandsgemeinde dann nur in Kirchen selbst eine Ganztagsschule genehmigungsfähig ist, sagte Müller: „Das haben Sie gesagt." Trotz dieser negativen Entscheidung werde man beim Thema Ganztagsschule nicht locker lassen, sagte der Bürgermeister: .Wir werden laufen, bis die Füße wund sind."
Darin ist sich Müller mit CDU-Fraktionssprecher Ulrich Merzhäuser einig: „Wir werden nicht locker lassen und Einspruch erheben." Vor allem die genannten Gründe der Ablehnung haben dazu geführt, dass der Christdemokrat nach eigenem Bekunden „stocksauer" ist. Offenbar wisse man in Mainz nicht über die Struktur und die Topographie der Verbandsgemeinde Kirchen Bescheid. Nicht umsonst habe der Rat zwei Standorte vorgeschlagen. Merzhäuser erinnerte an die „traurige Situation" am Schulstandort Mudersbach/Brachbach/Niederschelderhütte, einem Raum mit rund 10 000 Einwohnern. Hier von Peripherie zu sprechen, sei für ihn nicht nachvollziehbar, „zumal der Bedarf an einer Ganztagsschule von Jahr zu Jahr steigt".
Bei ihren Bemühungen können Verwaltung und CDU auf die SPD zählen: „Das hier kann es nicht geben. Gerade wir als Sozialdemokraten können das nicht auf sich beruhen lassen", sagte Fraktionschef Dr. Berthold Mengel. Hier werde es einen Brief an Ministerpräsident Kurt Beck geben - und die genannten Gründe, so Mengel, hätte er gerne persönlich in Mainz erläutert.
Unmittelbare Auswirkungen auf den Standort Niederschelderhütte hat das Votum nicht. Nach Mitteilung von Müller werde man im nächsten Jahr damit beginnen, die Schule im Bestand zu sanieren. Neben Gebhardshain kann sich im Kreis übrigens noch die Grundschule Weyerbusch freuen. Sie war im dritten Anlauf für ein Ganztagsangebot auserkoren worden.
Siegener Zeitung (thor) am 13.12.2007